Tübingen, warum bist du so hügelig? - BW Slam Meisterschaft 2017

BW Meisterschaft 2017

Bild: Tobias Heyel
Bild: Tobias Heyel

Mai 2017 - Baden-Württembergische Poetry Slam Meisterschaft in Tübingen

 

Einige Monate sind nun schon seit jenem schicksalshaften Abend vergangen und es ist Zeit für einen kurzen Rückblick.

Im Mai diesen Jahres brach eine Delegation von Konstanzer Poetry Slamern nach Tübingen auf, um dort erneut - nach 2014 - den Meistertitel an den Bodensee zu holen.

Es ist das mittlerweile 5. Mal, dass ich am Kampf um die Baden-Württembergische Slamkrone teilnehme. Und ich wähle bewusst das Wort "teilnehmen", weil es mir nie um den Sieg ging. Nicht, weil ich nicht gern gewinne oder weil es chic ist, Bescheidenheit zu heucheln, sondern weil ich mich nie in wirklicher Konkurrenz zu den ganzen wirklich hervorragenden "Profi"slamern (mit teils 200 Auftritte im Jahr) gesehen habe. Ich probiere gerne und versuche etwas zu wagen, wenn sich Möglichkeiten bieten. Aber ich sehe mich doch eher als "Underdog". Das entspannt Vieles. Wer nicht mit dem Sieg rechnet, kann nicht verlieren. Wie ein Torwart beim Elfmeter.

Vier Jahre ging es gut. Vier Jahre fuhr ich entspannt zu den Meisterschaften, dieses Jahr sollte alles anders werden.

 

Bereits bei der Ziehung der Vorrundengruppe wird klar: Das Niveau meiner Teilgruppe ist schlichtweg sensationell. Und das ist wunderbar. Und ebenso beruhigend. Hier auszuscheiden ist keine Schande. Es zählt allein der olympische Gedanke und es macht Spaß, mit den netten Menschen hinter den Kulissen zu spekulieren, wer es schaffen wird.

Als die Startreihenfolge durch ist und mir klar wird, dass ich mein Ausscheiden das erste Mal nicht auf die Startposition schieben kann, verändert sich der Erfolgsdruck.

 

Das Gefühl verschwindet zum Glück gleich wieder, als ich die Todesgruppe überstanden habe. Wie, kann ich ehrlich gesagt, nicht mehr sagen. Bisschen Startreihenfolge, bisschen Glück, bisschen Publikum. Ist halt Poetry Slam.

Mindestziel erreicht. Der Torwart hat wieder die Überhand. Wer nichts zu verlieren hat, kann nur gewinnen.

Als es dann aber noch weiter ins finale Stechen geht und ich das erste Mal ernsthaft über die Möglichkeit des Sieges nachdenken muss, spüre ich sie, die Unsicherheit, den Grund, warum hier viele hinter Bühne hin-und hertigern, warum man an so einem Abend vielleicht doch (auch bei 200 Auftritten im Jahr) ein klein wenig nervös ist.

 

Das erste Mal seit langem bin ich nicht mehr der Torwart, sondern der Elfmeterschütze. Plötzlich kannst du nur noch versagen. Ein schreckliches Gefühl. Um wie viel potenziert muss es für die "Profis" sein? Doch dann setzt eine unerwartete Ruhe ein. Vielleicht hat das etwas mit dem Alter zu tun oder mit dem wunderschönen, entspannten Tag in den Tübinger Gässchen, ich weiß es nicht. Mit einem Mal bin ich wieder der Torwart. Ich denke an zwei tolle Tage zurück, die ich mit Freunden verbracht habe und gehe entspannt auf die Bühne mit nur einem Ziel: diesen Moment zu genießen. Vermutlich ist er einzigartig im Leben.

 

Ein letzter Auftritt. Applaus. Vorbei.

Bild: Tobias Heyel
Bild: Tobias Heyel

Alle gratulieren. So viel gegönnte Freude freut mich fast mehr als der Titel. Ungewöhnlich für eine Meisterschaft und mit einem Mal wird mir klar, dass sich Poetry Slam doch von anderen Wettkämpfen unterscheidet. Es bleiben Freunde oder zumindest Bekannte, die sich auf der Bühne scheinbar ein Gefecht liefern. Wer am Ende gewinnt, ist egal. Hauptsache es war ein schöner Abend. Und das war er.

Für mich auf alle Fälle.

 

 

 

 

Danke an alle, die mit mir gefiebert haben und sich mit mir gefreut haben.

Vielen Dank